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Kapitel 1 - Die liebe Gewohnheit

Der achtundzwanzigjährige Planungssingenieur Jens Forsch, saß an einem trüben Novembermorgen zerknirscht in seiner geordneten Zweizimmerwohnung einer thüringi-schen Großstadt. Draußen war es kalt und neblig, aber hier im Raum herrschte eine angenehme Wärme. Die gemütliche Junggesellenwohnung war zweckmäßig, aber bequem eingerichtet und zeugte von Geschmack und Ordnungssinn. Trotzdem war es Jens nicht wohl zu mute. Ihm war übel, der Kopf schmerzte, sein Körper war mit blauen Flecken übersät. Jede körperliche Bewegung verursachte ihm Schmerzen. Angestrengt dachte er über die gestrigen Ereignisse nach. Er konnte es einfach nicht fassen, dass gerade ihm, der sich nie mit anderen Menschen stritt, der mit allen Leuten in Frieden und Harmonie leben wollte, so etwas passieren musste. Wie gewohnt hatte er gestern kurz nach 17.00 Uhr das Büro der Thüringer Energie Ak-tiengesellschaft verlassen, in dem er als Angestellter arbeitete. Ein Mitarbeiter rief ihm zu:
„Pünktlich wie immer, Herr Forsch!“
Unwillkürlich lächelte der Ingenieur. Es war ihm eine Genugtuung, wenn andere seine Gewissenhaftigkeit lobten. Alles musste seinen gewohnten Gang gehen, Veränderungen liebte er nicht. Als sein Chef ihm angekündigt hatte, dass er in der nächsten Zeit Über-stunden machen müsse, war er zunächst über diese bevorstehende Veränderung seines Tagesablaufes ärgerlich, aber er würde er sich darauf einstellen, da half eben nichts! Wie üblich war Herr Forsch drei Minuten vor der Abfahrtszeit des Omnibusses an der Haltestelle, und er freute sich, dass der Bus auf die Minute genau kam. Als er in den Bus einstieg, unterhielt er sich kurz mit dem Busfahrer: „Richtiges Novemberwetter heute, kalt und regnerisch. Schön, dass sie ihre Fahrgäste nie unnötig warten lassen!“
„Man tut was man kann. Mich stört das Wetter nicht. Nur bei Nebel macht das Fahren keinen Spaß!“, entgegnete der Fahrer.
Jens Forsch setzte sich auf seinen Platz, den er schon seit Jahren für sich beanspruchte und las seine Zeitung. Da war in einem Artikel von der wachsenden Gewaltbereitschaft Jugendlicher die Rede. Herr Forsch dachte, dass das wohl etwas übertrieben sei. Die jun-gen Leute, die er kannte, waren höflich und zuvorkommend. Vielleicht spielte man die Probleme mit jungen Menschen auch zu sehr hoch, wer hatte nicht in seiner Jugend Streiche verübt? Er musste lächeln, wenn er an die Scherze zurückdachte, die er sich manchmal mit älteren Leuten erlaubt hatte. Die jungen Leute werden sich alle noch die Hörner abstoßen, dachte er.
In diesem Moment ertönte das Martinshorn. Der Busfahrer fuhr nach rechts und hielt an. Zwei Feuerwehrautos fuhren mit „Tatü, tata!“ vorbei. Die bis dahin so ruhigen Insassen des Busses wurden auf einmal gesprächig. „Wo brennt es denn?“, rief eine Stimme. Keiner wusste die Antwort. Vermutungen wurden laut und die Gespräche wurden immer lautstärker.
An der nächsten Haltestelle wurden sie des Rätsels Lösung inne. Die neu Einsteigenden waren informiert. „Das Ausländerwohnheim brennt!“ Diese Nachricht wirkte wie ein Fanal. Die Erregung wuchs, und die Stimmen wurden immer lärmender und erregter.
„Das war doch bestimmt Brandstiftung!“ sagte die neben Jens sitzende ältere Frau.
„Meinen Sie wirklich? Wer sollte Interesse daran haben, so etwas zu tun?“
„Heute gibt es genug Leute, die die Ausländer hassen!“
„Denken Sie, dass der Hass gegen Ausländer so stark ist, dass man ihnen das Haus über den Kopf anzündet?“
„Aber junger Mann, wo leben Sie denn, sind Sie wirklich so naiv oder tun Sie bloß so? Sie lesen doch Zeitung. Solche Brandstiftungen häufen sich in der letzten Zeit!“
Jens war schockiert. Kannte er das Leben wirklich so schlecht? Lebte er in einer anderen Welt? Vielleicht zog er sich tatsächlich zu sehr zurück? Tagsüber war er im Büro, abends freute er sich, schnell nach Hause zu kommen. Treffen mit Freunden waren selten und über Politik wurde dabei grundsätzlich nicht geredet.
An der Haltestelle Goethestraße stieg Jens Forsch aus. Der Heimweg war ihm schon zu einer lieben Gewohnheit geworden: erst die Goethestraße entlang und dann durch den Goethepark, und von dort aus waren es nur noch wenige Schritte bis zu seiner Wohnung in der Lindenalle. Im Park war es dunkel. Eisiger Wind ließ den nahen Winter ahnen. Er beschleunigte seine Schritte. Nur schnell nach Hause! Plötzlich hörte er gedämpfte Stimmen und wurde unfreiwilliger Zuhörer eines Gesprächs:
„Da haben wir ein tolles Feuerchen gemacht. Wir haben dem schmarotzenden ausländischen Viehzeug die Behausung abgefackelt und ihnen einen Denkzettel verpasst!“
Die knabenhafte Stimme verstummte jäh, als eine etwas männlichere Stimme mahnte:
„Quatsch nicht so laut. Will’ste uns vors Gericht bringen! Wenn uns jemand hört...!“
Aus dem Dunkel tauchten plötzlich zwei Gestalten auf, die eilig an Forsch vorüber liefen. Deutlich hörte Jens, wie der eine zum anderen sagte:
„Sieh’ste, ich hab’s gleich gesagt. Du quasselst hier so laut rum und hast den Typ dort nisch gesehen!“ „Meinste, der könnte was gehört haben?“
„Weiß nicht, aber man könnte ihn ja mundtot machen!“
Jens hatte blitzartig begriffen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Brand im Auslän-derwohnheim und diesen beiden jungen Leuten bestand. Er wollte nichts mit der ganzen Sache zu tun haben Was ging ihn das an? Nur schnell weg hier. Er schlug den Mantelkragen hoch und schritt schneller aus.
Plötzlich kamen die beiden Personen zurück. Forsch erschrak. Sie sollten ihn in Ruhe lassen. Er wollte doch nur nach Hause. Seine Schritte wurden immer schneller, er rannte fast. Dabei griff nach dem Schlüsselbund in seiner Tasche, gleich war er zu Hause. Als er nur noch wenige Meter von seiner Haustür entfernt war, fühlte er sich auf einmal von hinten angegriffen. Jäh drehte er sich um und schlug mit dem harten Schlüsselbund dem Fremden ins Gesicht. Es war dessen Brille, die klirrend aufs Pflaster fiel. Der junge Mann heulte auf, wie blind tastete er den Bürgersteig ab und suchte nach seiner Sehhilfe, ohne die er sich scheinbar hilflos fühlte. Forsch rannte zur Haustür, aber noch ehe er aufschließen konnte, hatte ihn der zweite Jugendliche gepackt und schlug ihn nieder. Durch den Bewegungsmelder wurde plötzlich die Außenbeleuchtung des Hauses eingeschaltet, die mit einem Mal das Gesicht des jungen Mannes in strahlendes Licht tauchte. So sah Jens im Fallen die schlanke Gestalt seines Gegenübers, ein schmales Gesicht, blonde kurzgeschnittene Haare, abstehende Ohren und versengte Augenbrauen. Sein Gegner war kaum älter als siebzehn und Jens dachte, du musst dich wehren, das wäre doch gelacht, wenn du sich von dem da zusammenschlagen ließest. Aber noch ehe sich Jens erheben konnte, trat der andere mit dem Fuß nach ihm. Die Tritte in den Magen und auf den Kopf kamen für Jens Forsch so überraschend, dass er sich nicht widersetzen konnte. Er verlor die Besinnung.


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