Menü
Startseite
News
Meine Bücher:
Liebe zur Welt
Romantisch soll die Liebe sein
=> Leseprobe zum Buch
Der Enkel Barbarossas
Tiervater Brehm (I.und II.)
Rechtsabbieger
Lebenslauf
Kontakt
Gästebuch
 

Leseprobe zum Buch

Der 21 - jährige Student, Friedrich
Schlegel, ritt an einem schönen sonnigen
Tag im September 1773 nach Lucka bei
Altenburg. Leipzig, die Stadt, in der er
studierte, lag schon weit hinter ihm.
Friedrich genoss die frische Luft in vollen
Zügen. Zwar wirkte die flache Landschaft
im Braunkohlengebiet südlich von Leipzig
recht eintönig und trostlos, aber Friedrich
hatte heute keinen Grund, Trübsal zu bla-
sen. Sein scharfer Ritt und die Freude auf
das Wiedersehen mit Caroline, brachten
sein Blut in Wallung und verscheuchten
alle belastenden Gedanken.
Julia Krantz nannte sich Caroline
Böhmer, die Witwe Dr. Böhmers, in dem
Ackerbürgerstädtchen Lucka. Sie wollte,
unbeachtet von der Welt, ihr uneheliches
Kind zur Welt bringen, das Kind des hü-
bschen jungen französischen Adjutanten,
Jean Baptiste Crancé, ein „Kind der
Liebe“ und der glühenden Leidenschaft.
Weil Caroline einige Monate bei dem
Revolutionär Georg Forster in Mainz ge-
lebt hatte, wurde sie auf Befehl der preu-
ßischen Regierung, gemeinsam mit ihrer
achtjährige Tochter Auguste, gefangen
genommen. Man glaubte, sie sei Forsters
Geliebte gewesen und wollte sie als Geißel
benutzen. Friedrichs Bruder, August
Wilhelm Schlegel, liebte Caroline und
hatte alles getan, um der unglücklichen
jungen Frau und ihrem Töchterchen
Auguste zu helfen, als die Preußen die
schwangere junge Frau auf der Festung
Königsstein gefangen hielten. Nach ihrer
Befreiung, die durch Vermittlung von
Carolines Bruders Philipp zustande
gekommen war, hatte August Wilhelm
dafür gesorgt, dass Caroline bei dem
Verleger Göschen in Leipzig unter-kam.
Aber ihres Bleibens war hier nicht lange,
denn als die Buchmesse in Leipzig
herannahte, musste für Caroline ein ande-
res Unterkommen gefunden werden, weil
sich während der Buchmesse die Besucher
in Göschens Haus die Klinke in die Hand
gaben. Beim Verleger Göschen war Fried-
rich Caroline das erste Mal begegnet. Die-
se Begegnung hatte ihn überwältigt.
„Welch ein Weib!“ hatte er seinem
Bruder geschrieben. Er gestand ihm: „Der
Eindruck, den sie auf mich gemacht hat,
ist viel zu außerordentlich, als dass ich ihn
selbst schon deutlich übersehen und mit-
teilen könnte.“
Der Bruder, der in Amsterdam ange-
stellt war, hatte ihn darum gebeten, sich
der Schwangeren anzunehmen, sie zu
beschützen und ihr zu helfen wo er nur
konnte. Und so durfte Friedrich, ohne des
Bruders Eifersucht zu erregen, die ange-
betete Frau besuchen und mit ihr spre-
chen. Friedrich dachte daran, wie schwer
es Caroline in der nächsten Zeit haben
würde. Sie, die Witwe Dr. Böhmers,
bekam ein uneheliches Kind, das war ein
Skandal, den die Gesellschaft einer bürger-
lichen Frau nicht verzieh.
Auch die Frage nach dem Vater brachte
die Gemüter der Mitmenschen in
Wallung. Wenn sie die Wahrheit erfuhren,
die Tatsache, dass das Kind von einem
französischen Adjutanten stammte, würde
sie als französische Besatzerhure verun-
glimpft werden. Viele mutmaßten, dass
Georg Forster der Vater sei. Dieses Ge-
rücht brachte Caroline ein, dass man mit
Fingern auf sie zeigte, weil man glaubte,
dass sie eine Ehe zerrüttet habe. Über-
haupt war die Welt der Meinung, dass eine
bürgerliche Witwe keinen Anspruch auf
Liebe habe. Als Friedrich in Lucka ankam,
war Caroline gerade erst vom Gottes-
dienst nach Hause gekommen, den sie
gemeinsam mit Auguste besucht hatte. Sie
hatte auch Wert darauf gelegt, das Abend-
mahl zu empfangen.
Sie war froh darüber, dass die Bevöl-
kerung von Lucka nicht neugierig war.
Hier wurde Caroline von den Leuten nicht
schief angesehen. Die Luckaer wussten,
dass die junge Dame im Hause des Arztes
C.F. Jacob Dietrich wohnte und inte-
ressierten sich nicht weiter für die Hinter-
gründe.
Friedrich hatte eine verbitterte Frau
erwartet, die mit ihrem Schicksal haderte
und war angenehm überrascht, dass ihm
Caroline selbstbewusst, optimistisch und
lebensfroh gegenübertrat.
Friedrich bewunderte dieses Verhalten
der jungen Frau und musste daran den-
ken, wie oft er selbst mit sich, mit Gott
und der ganzen Welt unzufrieden war.
Seine Unzufriedenheit hatte ihn schon oft
dazu bewogen, an Selbstmord zu denken.
Wie stark doch diese Frau war, ein wahres
Vorbild für ihn, der so leicht zu Depres-
sionen neigte.
Er stand ihr gegenüber, und es ver-
schlug ihm vor Staunen fast die Sprache.
„Was stehen Sie in der Tür? Kommen Sie
nur erst einmal herein!
Ich koche uns eine Tasse Tee, und dann
werden wir ausgiebig miteinander schwat-
zen. Nehmen sie bitte Platz! Ich ver-
schwinde für einen Augenblick in die
Küche.“
Neugierig betrachtete Friedrich das
Zimmer. Es war ein Stübchen ohne
jeglichen Komfort, ein Sofa, ein Schreib-
tisch, zwei recht einfache Betten. Ein
Blick aus dem Fenster zeigte ihm eine
trostlose Landschaft. Gleich hinter den
stattlichen Fachwerkgebäuden schlossen
sich die um diese Jahreszeit abgeernteten
Felder an. Als Caroline aus der Küche
zurückkam, schenkte sie Tee ein und
setzte sich dann, ohne viel Umstände zu
machen, neben Friedrich.
Etwa nervös begann der junge Student
das Gespräch: „Mein Bruder, August
Wilhelm, beauftragte mich, mich um Sie
zu kümmern und Sie so oft wie möglich
zu besuchen.“ „Sie haben einen
liebenswerten Bruder, und wenn es ihn
nicht gäbe weiß ich nicht, was aus mir
geworden wäre. Ich habe ihn seit Jahren
immer wieder abgewiesen, ihn gekränkt
und beleidigt. Er aber ließ sich nicht
entmutigen, und es zeigte sich, dass er der
einzige war, der mir in meiner großen Not
half, statt mich zu verurteilen und von
sich zu weisen. Er hat sich als wahrer
Freund erwiesen, in einer Situation, wo
mich alle anderen Freunde verließen oder
hilflos waren.“
„Ich staune über Sie! Für mich ist es
unfassbar, dass Sie diese schwere Situation
so tapfer meistern. Bewundernswert, ein-
fach bewundernswert!“

 


Heute waren schon 1 Besucher (1 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden