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Leseprobe zu "Liebe der Welt"

1. Forsters Vorbereitung auf die Professur in Wilna

 

Es war im Frühling des Jahres 1783. Die beiden Professorentöchter, Therese Heyne und Caroline Michaelis, trafen sich im Garten der Familie Michaelis.

Die blonde, neunzehnjährige Therese war mit ihrem Leben äußerst unzufrieden

und fühlte sich zu Hause nicht mehr wohl. Ihre Mutter, eine literarisch interes-

sierte Frau, musikalisch und gesellig, war verstorben, und der Vater hatte eine

junge Frau geheiratet, die ein Kind nach dem anderen bekam und schon

wieder schwanger war.

„Ach, meine liebe Caroline, kannst du verstehen, dass ich von zu Hause fort möchte? Wenn jetzt ein Mann käme, der vermögend wäre, und wenn ich ihn hasste, ich würde ihn nehmen!“

„Ich kenne dieses Gefühl des sich überflüssig Fühlens. Als ich aus dem Gothaer Internat nach Hause zurückkehrte, dachte ich ähnlich wie du. Ich aber würde, wenn ich einigermaßen unabhängig wäre, gar nicht heiraten.“

„Das sagst gerade du, die sich schon mehrmals heftig verliebt hat. Denk doch an den Link. Auch der Meyer ist dir nicht gleichgültig. Und dann erst der Forster! Ich denke noch daran, wie du damals, fünfzehnjährig, von ihm ganz begeistert warst, als er zu euch zu Besuch kam.“

„Ja, der Forster, das ist ein Mann wie man ihn sich nur wünschen kann. Er hat an der zweiten Weltumseglung von James Cook teilgenommen und schrieb ein bemerkenswert gutes Buch darüber. 'Reise um die Welt' ist ein Reisebericht, der so ganz anders ist als die anderen Reiseberichte.“

„Auch mir hat das Buch sehr gefallen. Du hast dich mit ihm darüber unter-

halten?“

„Ja, das war interessant. Als ich mit ihm sprach, erwähnte er Rousseau, der behauptet, dass der Mensch von Natur aus gut ist, und dass es nur auf die gesellschaftlichen Bedingungen ankommt, um das Gute im Menschen zu entfalten. Auch Goethe ist der Meinung, dass freie Menschen hohe Ziele erreichen können. Forster erzählte mir von den Naturmenschen auf Otahiti, die ein glückliches Leben führen, weil sie Macht und Reichtum nicht kennen.“

„Die gesellschaftlichen Verhältnisse muss man doch als gegeben hinnehmen.“

„Forster und ich, wir waren beide der Meinung, dass es gilt, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ändern, denn die gegenwärtigen Machthaber glauben, von Gott eingesetzt worden zu sein, der ihnen das Recht gibt, den großen Teil der Menschen zu unterjochen und die Mehrheit der Menschen von einem lebenswerten Dasein ausschließt. Diese Ungerechtigkeiten müssen beseitigt werden. Aber es bedarf nicht nur der aufklärerischen Vernunft allein, sondern auch der menschlichen Gefühle, um diese kalte Welt wieder zu erwärmen. Forster ist in meinen Augen ein wahrer Vertreter aller guten Menschen. Bei unserem Gespräch spürten wir so etwas wie Seelenverwandtschaft. Ja, der Forster, der würde mir schon gefallen!“

„Er hat dir ja damals auch einen wunderschönen Stoff aus Otahiti geschenkt, von dem du dir ein Ballkleid schneidertest.“

Dabei dachte Therese: Diese Caroline, die hat immer nur Glück. Sie hat wohlhabende Eltern, wohnt im schönsten Haus von Göttingen, wird von den Studenten, die im Michaelishaus wohnen, verehrt und ist im geselligen Kreis ihrer Eltern stets der weibliche Mittelpunkt. Dabei brilliert sie mit ihren Gedichtsvorträgen. Und nun verehrt sie auch noch der berühmte Georg Forster.

„Meinst du nicht, dass er auch mir gefallen könnte?“

„Gefällt er dir?“

„Nun, Forster hat ein sicheres Auftreten, ist redegewandt und hat als Professor für Naturwissenschaften am Carolinum in Kassel bestimmt auch Einnahmen, mit denen er eine Familie ernähren könnte. Er wird in den nächsten Tagen zu Besuch bei meinem Vater weilen.“

In diesem Augenblick nahm Therese sich fest vor, den Weltreisenden für sich zu gewinnen. Warum sie nur nicht schon früher darauf gekommen war? Frau Forster zu werden, das war doch ein lohnenswertes Ziel.

Schon wenige Tage später war Forster zu Gast bei Professor Heyne. Therese gab sich liebenswert und ungezwungen. Sie betrachtete Georg Forster eingehend und stellte fest, dass er keine Schönheit war. Pockennarben verunzierten sein Gesicht. Er hatte Zahnlücken, die vom überstandenen Skorbut herrührten. Aber sein stolzes, weltmännisches und selbstsicheres Auftreten, seine Redegewandtheit und vor allem sein bezauberndes Lächeln machten all diese Nachteile wieder wett.

Georg suchte Therese in ein Gespräch zu ziehen. Er freute sich sichtlich über die Aufmerksamkeit, die ihm Therese schenkte. Er sah, wie sie aufmunternd lächelte, und das gab ihm Mut, sich ihr zu nähern.

„Ich habe viel an Sie gedacht, und ich habe auch ein Geschenk mitgebracht.“ Bei diesen Worten breitete er den Stoff aus Otahiti vor ihr aus.

Therese freute sich maßlos.

„Danke, recht vielen Dank! Daraus werde ich mir ein Ballkleid schneidern.“

„Nun, da möchte ich Sie beim Tanz aber auch in meine Arme nehmen!“

„Es muss schön sein, in Ihren Armen zu liegen!“ sagte sie fast flüsternd.

„Liebe Therese, hätten Sie nicht Lust, mit mir im Garten ein wenig frische Luft zu atmen?“

Therese schlug das Herz wie wild. Endlich war die Gelegenheit gekommen, Georg für sich zu gewinnen.

Im Garten nahm Georg Therese bei der Hand. Sie strahlte vor Glück. Jeder Blick war ein Werben. Sie setzte all ihren Charme ein, um Georg zu gefallen.

„Ihr Buch habe ich mit Begeisterung gelesen!“

„Sie lesen wohl sehr gern?“

„Oh, ich kann ohne Lektüre nicht leben. Einmal wollte mich der Vater bestrafen, indem er den Bücherschrank vor mir verschloss. Ich habe den Schrank aufgebrochen und mir die Bücher geholt, die er mir vorenthalten wollte.“

„Ich finde es gut, wenn Frauen lesen und nach Bildung streben. Wie uninteressant ist eine Frau, mit der man sich nicht unterhalten kann.“

„Welche Anforderungen stellen Sie denn an Ihre zukünftige Frau?“

„Sie soll hübsch, klug und gebildet sein und mir in guten wie in schlechten Zeiten beistehen. Ich möchte, dass sie mir viele Kinder schenkt. Und sie soll mir dabei helfen, die Kinder zu tüchtigen und gebildeten Menschen zu erziehen. Sie müsste so sein, wie Sie, liebe Therese!“

Dabei näherte sich Georg Therese, umarmte und küsste sie und war erstaunt, wie leidenschaftlich sie Kuss und Umarmung erwiderte.

„Therese, ich liebe Sie!“

„Auch ich liebe Sie, mein lieber Georg! Schon seit Jahren empfinde ich eine tiefe Zuneigung zu Ihnen. Deshalb war ich auch immer auf Caroline eifersüchtig. Als Sie ihr damals den Stoff schenkten, war ich ungeheuer neidisch.“

„Ja, ich war im Professorenhaus eingeladen und unternahm mit Freuden den fünfstündigen Ritt von Kassel nach Göttingen. Im Michaelishaus lernte ich den Physiker und Schriftsteller Lichtenberg und Ihren Vater kennen, den Professor Heyne. Als ich Caroline das erste Mal sah, war ich begeistert von ihr. Sie ist so natürlich, offen und ehrlich. Sie war mir nie ganz gleichgültig. Aber ich vernahm, dass sie mit dem Mediziner Dr. Böhmer verlobt ist und bald heiraten wird und damit für mich als Heiratskandidatin nicht mehr in Frage kommt.“

Aus dem Hause drangen Stimmen zu den beiden verliebten jungen Leuten, und Georg und Therese merkten, dass es Zeit wurde, ins Haus zurückzukehren.

Nachts schlich sich Therese in Georgs Zimmer, und sie kosteten ihre Liebe aus.

„Nur das 'Letzte' kann ich dir nicht gewähren!“ sagte Therese ganz entschieden.

Als Therese sich an diesem Abend von Georg verabschiedete, dachte er lange über seine Situation nach. Therese liebte ihn, und er würde ihr schon in den nächsten Tagen einen Heiratsantrag machen. Jetzt war er dreißig Jahre alt. Er hatte sich um eine Stelle als Professor an der Universität in Wilna beworben und war angenommen worden. Als Professor in Polen wollte er verheiratet sein. Therese entsprach seinen Vorstellungen. Sie war hübsch, gesund, unschuldig, und was ganz besonders wichtig war – sie liebte ihn als Mensch und nicht als Professor. Sie hatte ein gutes Herz und war außerdem klug und gebildet. Es entsprach der Wahrheit: Er hatte sich für Caroline erwärmt und war enttäuscht, dass sie schon vergeben war. Sie war so natürlich, so unverblümt, so direkt. Ihr ehrliches und aufrichtiges Wesen war für ihn wohltuend. Wie schön war es, als er ihr so bildhaft von Otahiti erzählte. Nun, sie würde bald die Gattin des Bergmedikus Böhmer sein.

Georg dachte gern an die Geselligkeiten mit den Professorentöchtern zurück. Beim Picknick im Grünen hatten sie Plumpsack und Blindekuh gespielt. Wie gern hatte er im Überschwang der Gefühle die Professorentöchter geküsst, sowohl die blonde Therese als auch die dunkle Caroline. Schön war es, wenn sie im Hainsberger Wald am Lagerfeuer saßen, Fasane brutzelten und Wein tranken. Wie hübsch waren die jungen Mädchen, wenn ihre Wangen glühten und die Augen Feuer sprühten. Georg hätte seine Wahl auch anders treffen können. Caroline aber schien vergeben und Therese liebte ihn.

Schon zwei Tage später kam Georg zu Professor Heyne.

„Herr Professor, ich bitte um die Hand Ihrer Tochter Therese!“

„Liebt sie Sie denn? Nun, wir werden sie selber fragen. Komm her, meine liebe Therese!“

Therese hatte diesen Moment schon mit Ungeduld herbeigesehnt. Glückstrahlend trat sie ins Zimmer, und als sie Georgs Blick streifte, schlug sie ganz beschämt die Augen nieder.

„Professor Georg Forster bittet um deine Hand. Liebst du ihn?“

„Und ob ich ihn liebe! Mit Freuden will ich seine Gattin werden.“

Georg war glücklich. Therese liebte ihn. Sie wollte seine Frau werden. Ja, Liebe war die einzige Voraussetzung für eine gute Ehe.

„Ich werde alles tun, um Ihre Tochter glücklich zu machen!“


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